Die Jagd und ich -eine ungeschminkte Wahrheit-

Die Jagd und ich -eine ungeschminkte Wahrheit-

Januar 8, 2018 1 Von Jaegerdeern

Ja, meistens gehe ich auch ungeschminkt auf die Jagd. Man braucht dort zum Glück niemanden mit seinem Aussehen beeindrucken. Es sei denn Rehböcke stehen seit neustem auf Lidstrich und Mascara.
Worum geht es mir aber eigentlich, wenn ich von der ungeschminkten Wahrheit rede? Es geht darum jeden Tag wieder in seine abgetragene, schmutzige Jagdkleidung zu steigen. Seine 7 Sachen zusammen zu suchen und ins Revier zu fahren. Dort angekommen festzustellen, dass der Wind bei dem ausgewählten Hochsitz doch nicht passt und sich nun krampfhaft zwischen der Nummer 31 und der 22 zu entscheiden. Passt der Wind? Ist es nicht schon zu spät, um diesen langen Pirschweg zu gehen oder steht das Wild im Moment nicht doch lieber im Weizenfeld daneben? Nachdem ich nun, gefühlte Stunden später, eine Entscheidung gefällt habe kann es endlich los gehen. Oder doch nicht? Nein, nein das vergessene Mückenspray soll mich nicht aufhalten. Dann muss ich eben auf die „altbewerte“ Methode, das Klatschen, zurückgreifen.
Den Rucksack auf dem Rücken, die Waffe geschultert und das Sitzkissen unter dem Arm geht es dann auf zum Hochsitz. Auf dem Weg dahin entstehen, dank der Mücken, schon hunderte von roten Schwellungen auf Händen und Gesicht, die zudem noch gemein jucken.
Wenn ich dann verschwitzt endlich auf dem Hochsitz sitze, da ich mich für die Temperaturen doch wieder viel zu dick angezogen habe kann das Entspannen beginnen. Wenn da nicht dieses ständige summen um einen herum wäre. Mücken, Mücken und nochmal Mücken, aber was soll man machen. Ignorieren und hoffen, dass man einige von ihnen eliminieren kann.
Langsam verstreicht die Zeit. Die Sonne sinkt unter den Horizont und auch die Vögel verstummen nach und nach mit ihren Melodien. Wenn das letzte Büchsenlicht versiegt geht es wieder heim. Ohne Anblick. Zerstochen und müde baume ich ab und schleiche zum Auto zurück. Der Hund wartet freudig auf mich, doch muss ich ihm ein weiteres Mal enttäuscht mitteilen, dass es heute kein „Bocki“ für ihn zu suchen gibt. Beleidigt dreht er sich wieder um und legt sich hin. Ich kann es ihm nicht verdenken. Wie oft waren wir beiden nun schon los und wie oft hat er brav auf mich gewartet, um dann zu erfahren, dass es nichts für ihn zu tun gibt.
Die Autofahrt nach Hause ist jedes Mal wieder ein Kampf zwischen Erschöpfung und Hoffnung, dass es beim nächsten Mal etwas mit der Beute werden könnte. Daheim verstaue ich die Waffe wieder im Waffenschrank und lege die Kleidung an ihren Platz zurück. Unermüdlich zieht mich die Müdigkeit ins Bett, doch vorher ist noch eine kurze Katzenwäsche von nöten bevor ich mich unter der Decke zusammen rolle und von der Jagd träume.
So ergeht es mir schon seit Monaten und das alles für die Jagd auf einen Rehbock. Manch einer mag sich jetzt darüber amüsieren und sagen, dass dies doch das einfachste wäre. Aber die Jagd im Wald ist oft langwierig und es dauert bis man dort Erfolg auf einen Bock hat. Vor allem in den Monaten Juni, Juli und auch im August, wenn das Wild bevorzugt in den umliegenden Feldern steht.
Oft frage ich mich dann, warum ich mir das alles antue. Jeden Abend losziehen, mich manchmal auch noch morgens zu unchristlichen Zeiten aus dem Bett zu quälen und auf die Jagd zu gehen. Doch dann erinnere ich mich an die Ansitze, wenn der ganze Wald nach frischem Holz duftet, mir eine Ricke mit zwei Kitzen die Zeit vertreibt, ganz unverhofft eine Rotte Sauen auftaucht, die so schnell wieder verschwindet, wie sie aufgetaucht ist oder der prasselnde Regen auf dem Dach des Hochsitzes pure Entspannung auslöst. All das ist es mir jedes Mal wieder wert. Kurze Augenblicke die sich in der Erinnerung verankern und einem klar machen, was für ein Privileg man auslebt der Natur so Nahe sein zu können und ihren Jahresverlauf hautnah mitzuerleben.
Weil ich irgendwann wieder mit weichen Knien zum Hund gehen kann, ihn freudig an die Leine nehme und zu seinem „Bocki“ führe. Denn all die Strapazen werden mit diesen kleinen Momenten entlohnt, wenn du dich mit deinem Hund und deinem besten Jagdkumpel über den gemeinsamen Erfolg freust, das Signal „Bock tot“ durch den Wald hallt und du wieder weißt, warum man die Jagd für sein Leben ausgesucht hat. Denn Jagd ist nicht einfach. Jagd ist anstrengend, schmutzig, aufregend, nervenzehrend und doch wundervoll.